1. GELASSENHEIT FINDEN


Gelassenheit

Gelassenheit bedeutet, die Fähigkeit zu bewahren, ruhig und ausgeglichen zu bleiben, selbst in schwierigen oder unangenehmen Situationen. Sie schließt jedoch nicht aus, sich zu ärgern oder aufzuregen, denn solche Gefühle sind natürliche Signale, die auf Missstände oder Herausforderungen hinweisen. Entscheidend ist, wie man mit diesen Gefühlen umgeht: Gelassenheit bedeutet, sie wahrzunehmen, ohne von ihnen überwältigt zu werden, und bewusst zu entscheiden, wie man darauf reagieren möchte. Es geht also nicht um Gleichgültigkeit, sondern um innere Stabilität und die Freiheit, klar und bedacht zu handeln, anstatt impulsiv oder unkontrolliert zu reagieren.

Stress

Stress entsteht häufig durch unsere Gedanken, insbesondere durch Grübeleien und Gedankenkreisen. Wenn wir immer wieder über Probleme, vergangene Ereignisse oder mögliche Zukunftsszenarien nachdenken, versetzt uns das Gehirn in einen Zustand ständiger Alarmbereitschaft, obwohl oft keine akute Gefahr besteht. Diese mentale Belastung führt zu körperlichen Stressreaktionen wie Anspannung, erhöhter Herzfrequenz oder Schlafstörungen. Da das Gehirn keinen Unterschied macht, ob eine Gefahr real ist oder nur vorgestellt wird, erzeugen diese gedanklichen Schleifen einen Großteil unseres täglichen Stresses – oft mehr, als äußere Umstände tatsächlich bewirken.

Der gegenwärtige Moment

Im gegenwärtigen Moment zu sein, hilft gegen Stress, weil es uns aus Grübeleien und Gedankenkreisen herausholt, die oft unnötigen Stress verursachen. Während Grübeleien uns in der Vergangenheit oder Zukunft festhalten, bedeutet im gegenwärtigen Moment zu sein, mit der Aufmerksamkeit ganz bei dem zu bleiben, was gerade um uns herum ist und was wir gerade tun. Dieser bewusste Fokus löst die gedankliche Anspannung, reduziert Stress und führt zu innerer Ruhe. Indem wir uns auf den Moment einlassen, entwickeln wir Gelassenheit, weil wir klarer sehen, was wirklich ist, anstatt uns in Vorstellungen oder Sorgen zu verlieren.

Gelassenheit und Glück im gegenwärtigen Moment

Ein Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so glücklich sein könne.
Er sagte:
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,
wenn ich gehe, dann gehe ich,
wenn ich sitze, dann sitze ich,
wenn ich esse, dann esse ich …“
Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten:
„Das tun wir auch, aber was machst du darüber hinaus?“
Er sagte wiederum:
„Wenn ich stehe, dann stehe ich,
wenn ich gehe, dann gehe ich,
wenn ich …“
Wieder sagten die Leute:
„Aber das tun wir doch auch!“
Er aber sagte zu ihnen:
„Nein –
wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon,
wenn ihr steht, dann lauft ihr schon,
wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“
Zen-Geschichte

Zen-Meditation holt uns in den gegenwärtigen Moment

Die Zen-Meditation, die Sie hier lernen, hat ihre Ursprünge in den Jahrtausende alten Meditationspraktiken des frühen Buddhismus, ist jedoch von der buddhistischen Lehre losgelöst und ist offen für Menschen aller Weltanschauungen. Sie transportiert weder eine besondere Weltanschauung noch Dogmen oder moralische Forderungen. 

Bei der Zen-Meditation sitzen Sie in Stille und konzentrieren sich auf den natürlichen Atemfluss durch die Nase. Es ist vollkommen normal, dass Ihre Aufmerksamkeit dabei immer wieder zu den Gedanken abwandert. Jedes Mal, wenn Sie das bemerken, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit wieder zurück auf Ihren Atem. Auf diese Weise trainieren Sie Ihre Konzentrationsfähigkeit bzw. die Fähigkeit, Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf ein gewünschtes Objekt zu richten. 

Mit zunehmender Übung ermöglicht Ihnen dieses Meditationstraining, im Alltag im gegenwärtigen Moment zu leben anstatt sich in dem ständig kreisenden Gedankenkarussell zu verlieren. Sie können Ihre Konzentration besser auf das lenken, was unmittelbar um Sie herum ist, und auf das, was Sie gerade tun. Dadurch werden Sie freier von Stress und Ängsten und anderen krankmachenden Dingen, die durch zu viel Grübelei hervorgerufen werden. Stattdessen erleben Sie mehr innere Ruhe und Gelassenheit. 

Entspannte Konzentration

Lange Zeit war der Begriff Konzentration für mich negativ besetzt, weil ich ihn mit Druck und Zwang verbunden habe. Aussagen wie "Jetzt konzentrier dich doch mal!" haben bei mir eher Widerwillen ausgelöst. Ich vermute, dass es vielen ähnlich gehen könnte. In der Zen-Meditation jedoch wird Konzentration völlig anders verstanden – nicht als Zwang, sondern als bewusste, entspannte Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment.

 

Meditation ist Hirntraining

Jeder Mensch hat bestimmte körperliche Veranlagungen und ist in der Lage, diese zu vernachlässigen oder zu trainieren. Sie können Ihre Muskulatur trainieren, Ihre Ausdauer, Ihre Gelenkigkeit etc. Sicherlich haben Sie schon mal den Unterschied zwischen einem Menschen gesehen, der seine Muskulatur vernachlässigt und einem, der sie trainiert.

Mit dem Gehirn verhält es sich nicht anders. All unsere körperlichen und geistigen Fähigkeiten sind irgendwo in unserem Gehirn verankert. Auch sie können vernachlässigt oder trainiert werden. 

Es gibt Menschen, die haben ihr Gehirn beispielsweise darauf trainiert, sich endlose Zahlenreihen zu merken. Andere können aus dem Gedächtnis ganze Geschichtsbücher wiedergeben. Alles eine Frage des richtigen Trainings.

Aber wie steht es mit Eigenschaften wie Gelassenheit, Glücksempfinden, Stressresistenz, Emotionsregulation, Furchtlosigkeit usw. Sind diese auch irgendwo im Gehirn verankert? Und wenn ja, kann man so etwas auch trainieren?

Die Wissenschaft sagt: Ja! Und beweist anhand von Hirnscans, wie Meditation das Gehirn in diesen Bereichen deutlich sichtbar verbessert. Die ersten Erfolge zeigen sich bereits nach einigen Wochen. 

Sie können ganz gezielt Ihre Gelassenheit trainieren, bis Sie quasi "in sich selbst ruhen". Sie können durch entsprechendes Training glücklicher, stressfreier, angstfreier und mehr werden. Es liegt lediglich daran, was Sie bereit sind aus Ihrem Gehirn zu machen. 

Die Trainingsmethode, die ich Ihnen hier vorstelle ist unkompliziert, kostenlos, sehr effektiv und millionenfach bewährt. Es handelt sich dabei auch nicht um irgendetwas neumodisches oder einen vorübergehenden Hype. 

Die Methode ist rund 2600 Jahre alt und heißt Meditation. Auf dieser Seite präsentiere ich die Zen-Meditation, die seit etwa 1400 Jahren praktiziert wird und aus den Ursprüngen der buddhistischen Meditation hervorgegangen ist.

Nicht nur Zen-Meister und Zen-Anhänger praktizieren sie bis heute mit Erfolg, sondern auch Führungskräfte, Leistungssportler, Popstars oder Schauspieler und natürlich auch ganz "normale" Menschen. Auch die alten Samurai-Krieger haben sich täglich in Zen-Meditation geübt. 

Sie müssen dafür nicht irgendwie spirituell, religiös oder buddhistisch sein. Es reicht vollkommen aus, wenn Sie einfach nur ein Gehirn haben und die Bereitschaft mitbringen, daran zu arbeiten.

Wie das geht und einiges mehr erfahren Sie auf dieser Seite. 

Ich habe diese Seite über Zen-Meditation mit der Überschrift bzw. dem Slogan MindTraining "Ich ruhe in mir selbst" versehen. Damit möchte ich der Meditation keinesfalls einen neuen oder gar verbesserten Namen geben. Das wäre schon eine ziemlich vermessene Absicht! Vielmehr möchte ich mit dieser Bezeichnung darauf hinweisen, dass Meditation als Trainingsprogramm verstanden werden kann, mit dem Sie bestimmte positive Bereiche Ihres Gehirns stärken, was im Endresultat unter anderem zu mehr Gleichmut und innerer Ruhe führt.

Darauf hinzuweisen ist mir wichtig, da viele Menschen glauben, Meditation sei ein verklärtes herumsitzen, das irgendwie vorübergehend entspannend sein soll - etwa so, als würde man sich in die Wanne setzen und ein paar Bier trinken. Dass Meditation bedeutend mehr ist, als einfach nur eine Entspannungsübung, erfahren Sie im folgenden Absatz:


Meditation verändert das Gehirn

Immer wenn wir uns in einer Tätigkeit üben, verbessern wir damit die zuständigen Hirnbereiche. So verbessern sich bei Taxifahrern die Hirnregionen, die für Navigation und räumliche Orientierung zuständig sind. Dadurch können Taxifahrer mit der Zeit besser navigieren und sich besser räumlich orientieren. 

Durch regelmäßige Meditation verbessern sich mit der Zeit ebenfalls bestimmte Hirnregionen. Das ist durch wissenschaftliche Studien und Untersuchungen, beispielsweise Bildgebungen des Gehirns mittels MRT, eindeutig bewiesen. 

Hier einige Beispiele, wie Meditation das Gehirn verändert:

Regelmäßige Meditation bewirkt, dass der linke Frontallappen dauerhaft aktiver wird, also auch aktiver ist, wenn gerade nicht meditiert wird. Der linke Frontallappen ist u. a. zuständig für gute Stimmung und Glücksempfinden. Menschen die regelmäßig meditieren fühlen sich dadurch dauerhaft besser gestimmt und glücklicher. Mehr dazu

Regelmäßige Meditation vergrößert die sogenannte graue Substanz. Diese ist u. a. zuständig für Stressresistenz und Emotionsregulation. Wer regelmäßig meditiert fühlt sich weniger schnell gestresst und bleibt in stressigen Situationen gelassener. Die Emotionen werden weiterhin wahrgenommen aber sie ziehen einem nicht mehr so schnell den Boden unter den Füßen weg. Dadurch kann man in emotionalen Situationen gelassener bleiben und überlegter und konstruktiver handeln. Mehr dazu

Regelmäßige Meditation verringert die Aktivität der Amygdala (Mandelkern) bei angstauslösenden Prozessen bzw. Ereignissen. Durch regelmäßiges Meditieren leidet man weniger unter Ängsten bzw. Angstzuständen. Mehr dazu

Zudem stärkt Meditation deutlich unsere Achtsamkeit und unsere Konzentrationsfähigkeit. Dadurch sind wir präsenter in der Gegenwart. Man nennt das auch "den Moment leben". Man ist mehr in der Realität, die man aktuell vor der Nase hat, als bei seinen Gedanken über die (vermeintliche) Realität, was bedeutet, dass man auch weniger mit Grübeln und Gedankenkreisen beschäftigt ist. 

Dadurch dass Meditation ganz automatisch das Gehirn verändert, wirkt sie auch, wenn man nicht daran glaubt. Ein Mensch der regelmäßig joggen geht, verbessert seine Kondition auch zwangsläufig, selbst wenn er nicht ans Joggen glaubt. 

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Auswirkungen von Meditation von Person zu Person variieren können. Nicht jeder erlebt die gleichen Veränderungen im gleichen Ausmaß. Außerdem können andere Faktoren wie genetische Unterschiede, Lebensstil und Umwelt Einfluss darauf haben, wie sich Meditation auf das Gehirn auswirkt. 


Darüber hinaus hilft regelmäßige Meditation laut aussagekräftiger Studien effektiv bei zahlreichen psychischen und körperlichen Erkrankungen. Meditation hilft beispielsweise bei:

Depressionen

Schlafstörungen

Unruhe

Angstzuständen

Suchtdruck

Gedankenkreisen

Stress

(chronischen) Schmerzen 

Erkältungskrankheiten (Meditation stärkt das Immunsystem)

Diversen Darmerkrankungen

Diabetes

Ausführlichere Infos in den Links im Kapitel Buchtipps und Links

Die heilsame Wirkung der Meditation basiert auf messbaren Veränderungen, die durch Meditation im Gehirn stattfinden.

Natürlich werden Sie sich nicht auf einen Schlag gelassener, glücklicher und gesünder fühlen, nur weil Sie ein- oder zweimal meditiert haben. Meditation ist eher eine langfristige Investition. Es ist wie beim Sport: Sie müssen schon regelmäßig üben um Ihre sportliche Leistungsfähigkeit deutlich zu verbessern. Es ist also hilfreich, wenn Sie etwas Geduld mitbringen.



Erläuterung zur Zen-Meditation

Es geht bei der Zen-Meditation nicht darum, irgendeinen realitätsfernen oder dämmrigen Zustand zu erreichen, sondern wir sind hellwach und achtsam im gegenwärtigen Moment - in der Hauptsache dadurch, dass wir während der Meditation ganz bei unserem Atem sind. Unser Atem ist nämlich unser Anker für das Hier und Jetzt. Auf diese Weise trainieren wir unter anderem die Fähigkeit der Geistesgegenwart im Alltag. Wir sind mehr bei dem, was um uns herum ist und dem, was wir gerade tun. Mit anderen Worten: wir sind im alltäglichen Leben mehr im gegenwärtigen Moment. Das führt zu mehr Gelassenheit, einem sinnvolleren und glücklicheren Erleben und schädliche Grübeleien über Vergangenes oder Zukünftiges treten zunehmend in den Hintergrund. 


Das Prinzip der Absichtslosigkeit

Im Zen wird oft betont, dass man sich frei machen soll, von dem Gedanken, mit der Meditation etwas erreichen zu wollen. Stattdessen solle man die Meditation einfach nur um ihrer selbst willen durchführen.

Nun habe ich im Vorfeld etliche Dinge genannt, die man mit Hilfe der Meditation erreichen kann, denn es ist schon wichtig zu wissen warum und wofür man meditiert bzw. überhaupt irgendetwas tut. Gerade in unserer westlichen Kultur wird sich kaum ein Mensch denken: "So, ich setze mich jetzt einfach mal jeden Tag hin und meditiere. Einfach so." Der Mensch braucht eine Motivation um ins Handeln zu kommen.

Mit der Durchführung der Meditation um ihrer selbst willen ist gemeint, dass man sich während der Meditationsübung von dem Gedanken an das Ziel befreien soll, damit man in der Lage ist, sich voll und ganz auf den Weg zu konzentrieren, also im Hier und Jetzt zu sein und immer wieder konzentriert den gegenwärtigen Atemzug zu betrachten. Wenn wir gedanklich zu sehr auf ein Ziel fixiert sind, verlieren wir den Kontakt zur Gegenwart, zum Hier und Jetzt, zur aktuellen Realität.


Wenn Ihr Ziel beispielsweise innere Ruhe ist und Sie während der Meditation geistig auf dieses Ziel fixiert sind, ist ihr Geist nicht bei der Meditation selbst, sondern bei der Zielvorstellung, die Sie haben. Sie denken nur über Ruhe nach, anstatt mit Ihrem Bewusstsein beim gegenwärtigen Atemzug zu sein. Dadurch entfernen Sie sich vom Gegenstand der Meditation. 

Auch ist es möglich, dass Sie sich durch den Anspruch, innerlich ruhig sein zu müssen, unter Druck setzen, endlich dieses Ziel zu erreichen, endlich ruhiger zu werden. Durch diesen Erfolgsdruck entfernen Sie sich jedoch von innerer Ruhe.

Wenn Sie Ihre Zielvorstellung während der Meditation loslassen und einfach immer nur diesen einen aktuellen Atemzug betrachten, ihm voll und ganz mit Ihrem Geist folgen, vom Anfang des Einatmens, bis zum vollständigen Ende des Ausatmens, dann sind Sie in der Meditation und dann kann sich von ganz alleine innere Ruhe einstellen. Das bedeutet es, Meditation nur um des Meditieren willens durchzuführen. Man nennt das auch das Prinzip der Absichtslosigkeit. 

Der Weg ist das Ziel

Es ist wie beim Spazierengehen: Das Ziel gibt die Richtung vor, aber der einzelne Schritt muss jetzt, in diesem Moment getan werden und die Sinne sollten frei sein für das, was man gerade tut und was unmittelbar um einen herum ist. Das Gegenteil wäre, wenn man mit seinen Gedanken nur bei dem ist, was möglicherweise am Ziel kommt. Dann ist man zu sehr in seinen Gedanken und Fantasien über eine mögliche Zukunft verhaftet und befindet sich mit seinem Bewusstsein nicht in der gegenwärtigen Realität. Man ist dann nicht geistesgegenwärtig. Es besteht sogar die Gefahr, dass einem der Weg zum Ziel lästig wird, weil einem eben nur das Ziel wichtig ist und das Gehen des Weges so zu einer unliebsamen Pflichtübung verkommt.

Wenn wir uns zu sehr auf die Ziele fixieren und die Wege zu sehr als eine Last betrachten, die wir am liebsten aus unserem Leben verbannen würden, leben wir am Leben vorbei. Das ideale Leben würde dann im Endeffekt so aussehen: Man wird geboren, es ploppen ein paar Ziele auf, man stirbt - fertig. Das Leben wäre dann in einigen Stunden "erfolgreich" abgearbeitet. Wenn man es ganz auf die Spitze treibt, könnte das ideale Leben, dessen letztendliches Ziel ja immer der Tod ist, auch so aussehen: Man wird geboren und ist sofort tot. Dann hat man sich wirklich konsequent alle Wege des Lebens erspart. 

Zen lädt uns dazu ein, sowohl die Wege als auch die Ziele wirklich zu erleben - nicht nur gedanklich abzuhaken. Genau das geschieht, wenn wir im gegenwärtigen Moment präsent sind und ihn tatsächlich erfahren. 

Wenn du ein Auge ständig auf das Ziel gerichtet hast, dann bleibt nur noch ein Auge übrig, um den Weg zu finden. - aus dem Zen


Der Weg der Mitte

Stellen Sie sich einen Mann in einem Ruderboot vor, der auf einem Fluss fährt. Der Fluss ist ruhig, aber hin und wieder strömt er schneller oder hat Strudel. Der Mann muss das Gleichgewicht halten, um nicht zu kentern, und die Ruder geschickt einsetzen, um in der Mitte des Flusses zu bleiben. Hin und wieder wird er von der Strömung in die Nähe der Ufer getrieben, oder er rudert bewusst dorthin, um etwas zu erkunden oder zu erreichen. Doch stets ist er bestrebt, wieder in die Mitte des Flusses zurückzukehren, denn dort findet er die größte Stabilität und Leichtigkeit. So ist auch unser Leben: Die innere Mitte zu wahren bedeutet, mit den Strömungen des Lebens in Balance zu bleiben, ohne sich in Extremen zu verlieren oder in ihnen zu verharren.

Der Weg der Mitte und die Balance der Zustände

Die innere Mitte ist ein Zustand von Balance, Klarheit und Gelassenheit. Sie ist weder starr noch regungslos, sondern eine dynamische Ausrichtung, die es uns ermöglicht, auf die Herausforderungen des Lebens flexibel zu reagieren, ohne aus dem Gleichgewicht zu geraten. Dieser Zustand repräsentiert eine Balance zwischen Extremen, die uns entweder überfordern oder in Lethargie versinken lassen können.

Gegensätze und die Orientierung zur Mitte

Um die innere Mitte besser zu verstehen, hilft es, extreme Zustände einander gegenüberzustellen. Diese Gegensätze können als Orientierungshilfe dienen:

  • Gelassenheit vs. Trägheit / Überaktivität
    Die Mitte liegt in der Gelassenheit, wo Handeln bewusst und überlegt geschieht. Trägheit führt zu Stillstand, während Überaktivität in Rastlosigkeit mündet.

  • Mut vs. Furcht / Übermut
    Der Weg der Mitte bedeutet, mit Mut zu handeln, ohne von lähmender Furcht oder unkontrolliertem Übermut geleitet zu werden.

  • Mitgefühl vs. Gleichgültigkeit / Aufopferung
    Die Mitte liegt im Mitgefühl, wo wir anderen helfen, ohne uns selbst zu verlieren oder zu ignorieren.

  • Fokus vs. Ablenkung / Verbissenheit
    Die Mitte ist ein klarer Fokus, der weder durch Ablenkung noch durch übermäßige Verbissenheit gestört wird.

Warum die Mitte so wichtig ist

Die innere Mitte zu wahren bedeutet, das Leben mit mehr Klarheit und Ruhe zu gestalten. Sie ermöglicht es uns, bewusst zu handeln, statt impulsiv oder übermäßig zurückhaltend zu reagieren. In der Mitte können wir Situationen besser einschätzen und Entscheidungen treffen, die langfristig stimmig sind. Es geht nicht darum, extreme Zustände vollständig zu vermeiden, sondern sie als Signale zu sehen, die uns auf mögliche Ungleichgewichte hinweisen.

Die Ausnahme: Wann Extreme sinnvoll sind

Es gibt Momente, in denen es notwendig ist, die innere Mitte bewusst zu verlassen und in einen extremen Zustand zu wechseln. Zum Beispiel:

  • Aggression zur Verteidigung: Wenn es darum geht, sich oder andere zu schützen, kann kontrollierte Aggression ein effektives Mittel sein.

  • Rückzug zur Verarbeitung: In Phasen der Trauer oder bei überwältigenden Ereignissen kann ein bewusster Rückzug helfen, Klarheit zu gewinnen und neue Stärke zu schöpfen.

Der Schlüssel liegt darin, diese Extreme bewusst und temporär zu nutzen, um danach wieder in die Mitte zurückzukehren. Sie dienen als Werkzeuge, nicht als dauerhafte Zustände.

Wie finde ich meine Mitte?

Meditation ist ein wertvolles Mittel, um die innere Mitte zu finden und zu stabilisieren. Sie hilft, das ständige Gedankenkarussell zu stoppen und den Blick auf den gegenwärtigen Moment zu lenken. Darüber hinaus können folgende Übungen unterstützen:

  1. Atemtechniken: Bewusstes Atmen schafft eine Verbindung zur Gegenwart und beruhigt den Geist.

  2. Reflexion: Beobachten Sie, welche Extreme Sie in Ihrem Alltag beeinflussen, und fragen Sie sich, wie Sie wieder ins Gleichgewicht kommen können.

  3. Achtsamkeit: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt, ohne zu urteilen oder sich von Gedanken mitreißen zu lassen. 

Der Weg der Mitte ist keine starre Regel, sondern ein dynamischer Prozess, der uns hilft, bewusst und gelassen zu leben. Indem wir die Balance zwischen Extremen wahren, können wir nicht nur inneren Frieden finden, sondern auch effektiver und erfüllter handeln. Die Mitte ist nicht immer der einfachste Weg, aber sie ist oft der nachhaltigste.


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Täglich neue Inspirationen

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Was sagt ein Zen-Meister, wenn er sich ein Sandwich bestellt?

"Eins mit allem."

Zen-Meister Henry wird gleich eins mit seinem Sandwich ...


Inneren Frieden finden

In einem kleinen Zen-Kloster tief in den Bergen lebte ein alter Zen-Meister namens Hakuin. Seine Weisheit und Gelassenheit waren weithin bekannt, und viele kamen von weit her, um von ihm zu lernen.

Eines Tages kam ein wohlhabender Kaufmann zum Kloster. Er war geplagt von Sorgen und Angst, obwohl er in Reichtum lebte. Er trat vor Hakuin und sagte: "Meister, trotz all meines Wohlstands finde ich keinen Frieden. Mein Geist ist ständig in Aufruhr, und ich kann keine Ruhe finden. Bitte lehre mich, wie ich Frieden finden kann."

Hakuin hörte geduldig zu und antwortete: "Setze dich mit mir an diesen stillen Ort und schließe deine Augen. Atme tief ein und aus. Beobachte deine Gedanken, ohne sie festzuhalten. Lasse sie wie Wolken vorbeiziehen, ohne ihnen nachzujagen."

Der Kaufmann tat, wie ihm geheißen. Zunächst schien sein Geist wilder als je zuvor, die Sorgen wirbelten wie ein Sturm in seinem Kopf. Doch Hakuin ermutigte ihn, weiterzumachen, sich nicht von den Gedanken forttragen zu lassen.

Nach einigen Tagen begann der Kaufmann, einen Wandel zu spüren. Die Stürme in seinem Geist ließen nach, und er erlebte Momente tiefen Friedens und Klarheit. Er erkannte, dass seine Sorgen nur Gedanken waren, die kamen und gingen, ohne dass er ihnen Beachtung schenken musste.

Eines Morgens, nach einer besonders tiefen Meditation, ging der Kaufmann zu Hakuin und sagte: "Meister, ich habe etwas Unglaubliches erfahren. In der Stille der Meditation habe ich den Frieden gefunden, den ich so verzweifelt gesucht habe. Meine Sorgen sind immer noch da, aber sie beherrschen mich nicht mehr."

Hakuin lächelte weise und antwortete: "Der wahre Frieden liegt nicht darin, dass alle Probleme verschwinden, sondern darin, dass du lernst, inmitten des Sturms ruhig zu bleiben. Die Meditation ist der Weg, durch den du den unerschütterlichen Frieden in dir selbst entdeckst."

Der Kaufmann verließ das Kloster, sein Herz leicht und sein Geist ruhig. Er wusste nun, dass der Schlüssel zu seinem inneren Frieden immer in ihm selbst gelegen hatte.




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2. DIE SITZMEDITATION - Zazen