5. ACHTSAMKEITSÜBUNGEN IM ALLTAG - informelle Achtsamkeit

 


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Achtsamkeitsübungen im Alltag

Informelle Achtsamkeit bzw. informelle Meditation


"Erlebe den Moment"


Eine kurze Geschichte:

Ein junger Mönch kam einmal zu seinem Zen-Meister und fragte: „Meister, was kann ich noch tun, um meine spirituelle Praxis zu vertiefen?“

Der Zen-Meister fragte: „Hast du bereits deinen Reis gegessen?“

Der junge Mönch antwortete: „Ja.“

Da sagte der Zen-Meister: „Dann geh und wasch deine Reisschale.“

Zen-Parabel

Mit seinem Rat, die Reisschale zu waschen, hatte der Zen-Meister dem Mönch geraten eine informelle Achtsamkeitsübung durchzuführen.


Der Unterschied zwischen informeller Achtsamkeit und formeller Meditation

Wenn man Alltagstätigkeiten bewusst als Achtsamkeitsübungen durchführt, nennt man das informelle Achtsamkeit oder informelle Meditation

Wenn man eine Meditation wie die Sitzmeditation (Zazen) durchführt spricht man von formaler oder formeller Meditationspraxis. 

Um die formale Meditationspraxis durchzuführen, wählt man einen bestimmten Ort und eine bestimmte Zeit. Die informelle Achtsamkeit / Meditation lässt sich überall und zu jeder Zeit durchführen. Es handelt sich dabei um eine Alltagstätigkeit, die man ganz bewusst konzentriert und achtsam durchführt.

Formelle Meditationspraxis trainiert unsere Fähigkeit zur informellen Achtsamkeit

Formelle Meditationspraxis, wie Zazen, hilft, die Fähigkeit zur informellen Achtsamkeit zu entwickeln, indem sie die mentalen Muskeln stärkt, die für Achtsamkeit und Konzentration erforderlich sind. Während der formellen Meditation trainieren Sie intensiv, Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf den gegenwärtigen Moment zu lenken. Diese Fähigkeit zur Konzentration und bewussten Wahrnehmung kann dann in den Alltag übertragen werden. 

Konzentration und Achtsamkeit - zwei sich ergänzende Fähigkeiten

Konzentration bedeutet, die Aufmerksamkeit gezielt auf eine bestimmte Sache zu richten. Je stärker die Konzentration, desto mehr treten andere Wahrnehmungen in den Hintergrund. Wenn Sie beispielsweise ein fesselndes Buch lesen und so in die Geschichte eintauchen, dass Sie das Prasseln des Regens am Fenster nicht mehr bewusst wahrnehmen, dann sind Sie konzentriert – Ihre Aufmerksamkeit ist vollständig auf das Buch gerichtet.

Achtsamkeit hingegen ist keine Fixierung auf einen einzelnen Punkt, sondern eine offene, bewusste Wahrnehmung des gesamten Erlebens. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Café und genießen bewusst einen Schluck Kaffee. Sie nehmen den Geruch, die Temperatur und den Geschmack des Kaffees wahr, während Sie gleichzeitig das Treiben um sich herum beobachten, das Klappern von Tassen hören oder die Atmosphäre spüren. Sie fokussieren sich nicht auf eine einzige Wahrnehmung, sondern lassen alle Eindrücke bewusst zu – ohne sie zu bewerten oder festzuhalten.

- Konzentration ist wie das gezielte Scharfstellen einer Kamera auf ein Objekt.
Achtsamkeit ist wie ein Weitwinkelmodus, der die gesamte Szene bewusst erfasst.

Ohne eine gute Konzentrationsfähigkeit bleibt Achtsamkeit unscharf und ungenau. Genau deshalb sind beide Fähigkeiten miteinander verbunden: Konzentration ist die Grundlage, auf der sich Achtsamkeit entwickelt.

Ähnlich wie Muskelkraft die Basis für jede Bewegung ist, ist Konzentration die Basis für Achtsamkeit. Wer sich durch Meditationstraining eine starke Konzentration aneignet, wird feststellen, dass auch seine Achtsamkeit geschärft wird. Denn Achtsamkeit ist keine passive Wahrnehmung, sondern eine gelenkte Aufmerksamkeit – und diese Lenkung erfordert Konzentration.

In der Zen-Meditation wechseln sich diese beiden Zustände ab:

  • Am Anfang der Meditation trainieren wir Konzentration, indem wir die Aufmerksamkeit immer wieder auf den Atem lenken.
  • Mit zunehmender Übung entsteht Achtsamkeit, wenn wir den Atem, die Körperempfindungen und die Umgebung gleichermaßen wahrnehmen, ohne an einem Gedanken festzuhalten.
  • Sobald der Geist abschweift, nutzen wir wieder Konzentration, um zur Aufmerksamkeit zurückzukehren.

So arbeiten Konzentration und Achtsamkeit im Wechselspiel zusammen: Die Fähigkeit, fokussiert zu sein, hilft uns, auch offen und bewusst zu sein – und umgekehrt.



Die heilsame Wirkung informeller Achtsamkeit

Eine französische Studie (2020, 139 Teilnehmer) zeigt: Nach acht Wochen, in denen die Teilnehmenden immer wieder kurze, informelle Achtsamkeitsmomente im Alltag unterbrachten, zeigten sich wesentliche Verbesserungen in ihrer mentalen Gesundheit: im Vergleich zur Kontrollgruppe erlebten sie weniger Anzeichen für Stress, Angst und Depression. Dazu kam ein Anstieg der allgemeinen Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Mehr darüber

Wenn Sie sich angewöhnen Ihre Alltagstätigkeiten achtsam durchzuführen, lernen Sie mit der Zeit Ihren Geist fort zu lenken von Ihrem inneren Erleben, Ihren Grübeleien und Sorgen, von denen Ihre Gedanken geprägt sind, und sind ganz in Ihrer aktuellen, unmittelbaren Realität. 

Das bedeutet nicht, dass Sie keine Gedanken und kein inneres Erleben mehr haben, sondern dass Ihr Fokus auf das Hier und Jetzt gerichtet ist, das Sie unmittelbar umgibt. 

Durch achtsames Handeln werden Sie sich dessen bewusst, was gerade ist und was Sie gerade tun. Dadurch lernen Sie, die einzelnen Momente Ihres Alltags zu wertschätzen und empfinden mehr Zufriedenheit und Sinn in Ihrem Alltag und somit auch in Ihrem Leben.

Therapeuten empfehlen Menschen, die sich oft unruhig fühlen oder von negativen Gedanken geplagt werden gerne, sich in diesen Momenten abzulenken, beispielsweise durch einen Spaziergang, das Ausmalen eines Mandalas oder das Kneten eines sogenannten Stressballs. 

Sie fordern ihre Klienten damit auf, eine Achtsamkeitsübung durchzuführen, also ihren Geist auf eine Tätigkeit zu richten, die sie von ihrem inneren Erleben ablenkt. Das funktioniert am besten, wenn die Betroffenen gelernt haben achtsam zu sein und sich auf eine Sache zu konzentrieren. Meditation bzw. informelle Achtsamkeit sind hervorragend geeignet, diese Fähigkeiten zu erlernen und zu vertiefen.

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Informelle Achtsamkeit in der praktischen Durchführung

Achtsamkeitsübungen lassen sich praktisch bei jeder Tätigkeit in Ihrem Alltag durchführen. Mögliche Beispiele wären: achtsam einen Kugelschreiber in die Hand nehmen, achtsam die Geldbörse hervorholen und diese dann achtsam öffnen, achtsam den Wasserhahn aufdrehen, ein achtsames Gespräch führen usw.

Bei diesen achtsamen Tätigkeiten richten Sie Ihre Sinne gezielt auf das Objekt Ihres Tuns. Dabei sehen Sie wirklich, was Sie sehen, Sie hören wirklich, was Sie hören, Sie nehmen wirklich wahr, was da ist. Sie schauen nicht durch die Tasse hindurch, die Sie ergreifen wollen, sondern Sie schauen die Tasse direkt an und machen sich in diesem Moment bewusst, was Sie da sehen ohne das Erscheinungsbild der Tasse bewusst zu bewerten.

Üben Sie zunächst an einfachen und übersichtlichen Tätigkeiten. Sollten Sie den Eindruck haben, dass eine Übung Sie von einer Tätigkeit ablenkt oder in Ihrer Routine verunsichert, sollten Sie auf keinen Fall zu anspruchsvolle oder gar riskante Tätigkeiten, wie zum Beispiel Autofahren oder Holz hacken, als Übungsobjekt wählen.


Achtsamkeit ist betrachten ohne unmittelbar zu werten

Eine Sache nicht wertend zu betrachten bedeutet, im Moment der Wahrnehmung nicht darüber zu urteilen, ob Sie die Sache beispielsweise schön oder unschön finden. Das heißt, Sie stülpen der Tasse, die Sie gerade sehen, keine vorgefertigte Meinung über, sondern machen sich zunächst in neutraler Geisteshaltung bewusst, was Ihre Sinne wahrnehmen. Vielleicht sehen Sie, dass die Tasse ebenmäßig blau ist oder gewisse Verzierungen aufweist. Vielleicht sehen Sie eine Lichtreflektion am Tassenrand oder einen Kaffeefleck. 

Dadurch, dass Sie der Tasse nicht reflexartig das Etikett "schön" oder "hässlich" aufdrücken, ist es Ihnen möglich, die Tasse vollständig wahrzunehmen, so wie sie ist, mit all ihren Facetten, anstatt sie nur auf ihre als schön oder hässlich empfundenen Anteile zu reduzieren. Sie bekommen ein vollständigeres Bild von der Tasse.

Nachdem Sie die Tasse wertfrei bzw. neutral betrachtet haben, können Sie nun eine objektivere Einschätzung abgeben und Ihre Empfindungen und Gedanken über die Tasse genauer überdenken. Sie geben über die Tasse also letztendlich doch eine Wertung ab, aber erst, nachdem Sie sie so gesehen haben, wie sie wirklich ist. 

Nun hat der Mensch die Fähigkeit, vergangene Bewertungen zu speichern und auf Neues anzuwenden, um schnelle Entscheidungen treffen zu können. Das kann sehr nützlich sein. Achtsamkeit bedeutet nicht, diese Fähigkeit außer Acht zu lassen, sondern sie bewusst einzusetzen. Durch Achtsamkeit können wir wählen, wann es angemessen ist, auf automatische Bewertungen zurückzugreifen, und wann es besser ist, bewusster und neutraler zu bleiben.

Eine erlernte Bedeutung ist keine Wertung!

Wenn ein Auto direkt auf Sie zurast, betrachten und überlegen Sie nicht lange, sondern springen spontan zur Seite. Dies ist eine automatische Reaktion auf eine erlernte Bedeutung, anstatt eine subjektive Wertung. Das miteinander zu verwechseln kann unter Umständen gesundheitsschädliche Folgen haben.


Zwei Beispiele für informelle Achtsamkeit

Achtsamkeitsübung Lichtschalter

Richten Sie Ihren Blick auf den Lichtschalter und nehmen Sie achtsam wahr, was sie sehen: welche Form hat der Schalter, welche Farbe hat er, ist er glänzend oder matt? Oder sehen Sie ihn vielleicht schemenhaft, weil es relativ dunkel im Raum ist?

Wenn Sie den Schalter berühren, um ihn zu betätigen: wie fühlt sich die Oberfläche an, welche Temperatur spüren Sie?

Drücken sie den Schalter. Welchen Widerstand spüren Sie? Macht es vielleicht „Klick!“? Nehmen Sie einfach wahr, was ist, ohne es reflexartig zu bewerten.

Achtsamkeitsübung Tür öffnen

Nehmen Sie die Tür optisch ins Visier. Nehmen Sie dabei achtsam Formen und Farben der Tür wahr.

Nähern Sie sich mit achtsamen Schritten der Tür. Spüren Sie dabei Ihre Fußsohlen und, wenn Sie möchten, auch Ihren Atem in der Nase.

Nehmen Sie achtsam die Türklinke wahr. Wenn Sie die Klinke anfassen, erspüren Sie ihre Form, Oberflächenstruktur und Temperatur.

Drücken Sie die Klinke achtsam herunter. Wie fühlt sich der Widerstand beim Herunterdrücken an. Lauschen sie dem eventuellen Geräusch, das die Klinke von sich gibt.

Schieben oder ziehen Sie nun achtsam die Tür auf. Spüren Sie das Gewicht der Tür. Nehmen Sie wahr, ob die Tür ein Geräusch von sich gibt.

Bringen Sie die Klinke in Ausgangsposition. Spüren und horchen Sie, wie oben erläutert. Lassen Sie die Klinke los.

Den gegenwärtigen Moment erleben

Durch solche Übungen trainieren Sie Ihre Fähigkeit, im gegenwärtigen Moment zu leben. Sie nehmen auf diese Weise Kontakt mit Ihrem Leben auf und sind in solchen Momenten wirklich voll da und lebendig. Diese Praxis führt dazu, dass Sie das Leben genießen können - von Augenblick zu Augenblick.


Durchführung von Achtsamkeitsübungen

Sie können diese Übungen in normal üblicher Geschwindigkeit durchführen und Ihre achtsame Wahrnehmung dieser Geschwindigkeit anpassen, so wie Sie bei der schnellen Gehmeditation eine normal übliche Geschwindigkeit wählen (im Gegensatz zur langsamen Gehmeditation). Sie brauchen dann keine zusätzliche Zeit investieren wie beispielsweise bei der Sitzmeditation. Tun Sie das, was Sie tun, einfach nur achtsam. Unsere Sinnesorgane sind in der Lage blitzschnell Farben, Formen, Gerüche, Geräusche etc. achtsam wahrzunehmen. Außenstehende werden nicht bemerken, dass Sie gerade eine Achtsamkeitsübung durchführen.

Selbstverständlich können Sie auch bei Tätigkeiten, die besondere Schnelligkeit erfordern, konzentriert und achtsam sein. Beispielsweise agieren Boxkämpfer extrem schnell und sind dabei dennoch sehr achtsam und hochkonzentriert. Konzentrierte Schnelligkeit ist das Gegenteil von kopfloser Hektik. Auch Musiker in einem Orchester oder Chirurgen bei einer Operation müssen schnell und hochkonzentriert agieren, ohne in kopflose Hektik zu verfallen.

Wenn Sie für sich allein sind und Zeit und Muße haben, können Sie eine Achtsamkeitsübung im Alltag auch einmal betont langsam durchführen und die einzelnen Schritte bewusst an Ihren Atem anpassen, so wie Sie die Schritte bei der langsamen Gehmeditation an Ihren Atem anpassen. 

Das langsame und achtsame Durchführen einer Tätigkeit hat eine ganz spezielle Qualität und kann sehr entspannend sein. Oft gelingt es besonders gut, wenn Sie gerade eine Sitz- und/oder Gehmeditation durchgeführt haben, weil der Geist im Anschluss an die Meditation besonders achtsam ist.

Sollten Sie vor oder während einer Achtsamkeitsübung aus Gewohnheit den Impuls verspüren, in übermäßige Eile zu verfallen, obwohl Sie lieber langsam vorgehen möchten, können Sie kurz innehalten, und einen achtsamen Atemzug durch die Nase tun, wie Sie es aus der Sitzmeditation kennen. Das wirkt entschleunigend.

Achtsamkeitsübungen begleitet durch ein Mantra

Wenn Sie möchten, sprechen Sie begleitend zu diesem Atemzug im Geiste ein Mantra, zum Beispiel „Nimm dir Zeit.“ (Einatmen: „Nimm diiiiir“, Ausatmen: „Zeiiiiit“). Ihr Gehirn wird versuchen, das Gedachte in die Tat umzusetzen. Sie brauchen dazu keine besondere Haltung einzunehmen. Die Augen können ganz normal geöffnet bleiben, Sie können sie aber auch schließen. Mehr über Mantras erfahren Sie im Kapitel "Die Sitzmeditation".

Übung: Üben Sie an dieser Stelle einmal einen Atemzug mit dem Satz „Nimm dir Zeit“. Führen Sie im direkten Anschluss eine ganz normale Alltagstätigkeit langsam und achtsam durch - beispielsweise einen Schluck trinken oder einen Gegenstand in die Hand nehmen.

Sie können sich natürlich auch ein eigenes Mantra ausdenken, wenn Sie das Gefühl haben, dass es besser zu Ihnen passt. Ich persönlich denke manchmal, bevor ich eine Tätigkeit als Achtsamkeitsübung durchführe, das Mantra "Zen-Übung", entweder in Kombination mit einem bewussten Atemzug oder auch ohne bewussten Atemzug, einfach so als kurzer Gedanke. 

Dieses Mantra wähle ich gelegentlich für den Einstieg in eine Achtsamkeitsübung, weil ich diese Übungen für mich persönlich meine "Zen-Übungen" nenne. Das mache ich, weil Zen übersetzt Meditation bedeutet und Meditation ist gebündelte Konzentration und Achtsamkeit. 

Ich habe festgestellt, wenn ich dieses Mantra denke, entschleunige ich automatisch und mache die Dinge achtsamer, weil mein Gehirn mit diesem Mantra Achtsamkeit und auch Entschleunigung verbindet. Finden Sie ruhig heraus, womit Ihr Gehirn Achtsamkeit und Entschleunigung verbindet und kreieren Sie daraus ihr ganz persönliches Mantra. 

Das gegenwärtige Tun benennen

Sollten Sie hartnäckige „laute“ Gedanken während der Achtsamkeitsübung stören, kann es helfen, den inneren Fokus gezielt auf das zu lenken, was Sie gerade tun. Eine einfache Technik besteht darin, das aktuelle Handeln in Gedanken zu benennen. Berühren Sie gerade die Türklinke, denken Sie das Stichwort „Klinke“. Ziehen Sie die Tür auf, denken Sie „Tür“. Sie verknüpfen dadurch bewusst Ihr Denken mit Ihrem Handeln, anstatt Ihre Gedanken abschweifen zu lassen.

Diese Technik wird in der Achtsamkeitsforschung als „Noting“ bezeichnet und stammt ursprünglich aus der Vipassana-Meditation. Sie wird auch in modernen Achtsamkeitsprogrammen wie MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) eingesetzt. Studien zeigen, dass dieses bewusste Benennen dabei hilft, sich besser zu konzentrieren und weniger in unproduktive Grübeleien zu verstricken.

Das mag vielleicht ungewohnt erscheinen, aber wenn man ehrlich ist, wirkt es noch viel merkwürdiger, eine Alltagstätigkeit auszuführen und dabei über völlig zusammenhanglose Dinge nachzugrübeln.

„Woran denken Sie denn so beim Kartoffelschälen?“
„Ich denke dabei an die Außenfassade der Kreissparkasse Köln, den Hund, der mich letzte Woche angekläfft hat, an Wirsing und an den Audi, der vorgestern total scheiße geparkt war.“
„Und Sie?“
„Ich denke an das, was ich gerade tue.“

Natürlich ist dieses begleitende Denken nicht zwingend notwendig. Es ist lediglich eine Technik - ein Hilfsmittel gegen die Ablenkung durch unproduktive Grübeleien. Im besten Fall gehen Sie so sehr in Ihrer gegenwärtigen Tätigkeit auf, dass Sie gar nicht bewusst denken, sondern einfach nur tun.


Achtsam Staub wischen 

Ich möchte zur Verinnerlichung ein weiteres Beispiel anführen. Eine Alltagstätigkeit, die viele Menschen als lästig empfinden: Staub wischen.

Ich empfehle, den Gedanken "Ich muss jetzt Staub wischen", durch den Gedanken "Ich wische jetzt Staub" zu ersetzen. Geben Sie der Aktion "Staub wischen" keine negative Bewertung. Sie müssen diese Tätigkeit auch nicht krampfhaft positiv bewerten. Begeben Sie sich einfach nur in die Realität des Hier und Jetzt, nämlich in die Realität des Staubwischens. Das ist achtsames Handeln.

Machen Sie das Staubwischen zur Achtsamkeitsübung und nehmen Sie mit Ihren Sinnen einfach nur wahr, was ist. Wie fühlt sich das Staubtuch an? Wie fühlt sich das Wischen an? Was hören Sie beim Wischen? Welcher Effekt wird sichtbar wenn ich über etwas wische? Wenn Sie sich regelmäßig in dieser Vorgehensweise üben, werden Sie mit der Zeit feststellen, dass Sie mit Ihrem Tun zunehmend zufriedener sind.

Negative Emotionen

Wenn wir das Staubwischen schon im Vorfeld mit negativen Vorstellungen und Urteilen besetzen, wird es auch von negativen Emotionen begleitet. Dadurch speichern wir es in unserem Bewusstsein erneut als negatives Ereignis ab, was beim nächsten Mal zu weiteren negativen Emotionen führt. Wir denken uns auf diese Weise in eine Negativ-Spirale, die für den gegenwärtigen Akt des Staubwischens nicht hilfreich ist, sondern zu Frustration und emotionaler Erschöpfung führt.

Natürlich geht es nicht darum, unsere Emotionen zu verdrängen oder zu unterdrücken. Vielmehr können wir lernen unsere Konzentration bewusst auf unser gegenwärtiges Tun zu richten statt auf unsere vorgefertigten Werturteile, die schließlich die entsprechenden Emotionen erzeugen. Wir bekommen dadurch einen objektiveren Blick auf unsere Tätigkeit. Das kann dazu führen, dass wir irgendwann merken, dass das, was wir tun, gar nicht so furchtbar ist, wie wir es unserer Vorstellung entspricht. 

Ablehnende Einstellungen

Haben wir eine Sache aufgrund negativer Emotionen als unangenehm abgespeichert, entwickelnd wir eine ablehnende Einstellung zu dieser Sache. Das kann durchaus nützlich sein, wenn diese Sache für uns schädlich ist oder es sich um eine sinnlose Handlung handelt, für die es keine Notwendigkeit gibt. 

Negative Emotionen können uns aber auch bei Tätigkeiten im Weg stehen, die einfach notwendiger Weise zum Alltag gehören und die eigentlich einem positiven Zweck dienen. Die Kunst besteht darin, zu erkennen, ob eine Tätigkeit wirklich sinnvoll ist oder ob es sich dabei um eine Sinnlosigkeit handelt, die uns im Weg steht.

Ich möchte ein Beispiel anführen, das aufzeigen soll, was unterschiedliche Einstellungen zu einer Sache bewirken können:

Stellen wir uns eine Person vor, die mit dem Putzen der Küche unangenehme Erfahrungen gemacht hat, vielleicht, weil sie sich in der Vergangenheit unter Druck gesetzt fühlte, diese Tätigkeit durchzuführen, obwohl sie stattdessen lieber etwas anderes getan hätte. Vielleicht findet diese Person geputzte Küchen auch einfach unwichtig und hat daher keine Einsicht in das Putzen. Jedenfalls hat diese Person aus irgendeinem Grund eine ablehnende Einstellung zum Putzen der Küche entwickelt. Das Küche putzen ist bei ihr mit negativen Emotionen behaftet.

Dieselbe Person hat als Hobby Motorradfahren. Jedes Wochenende putzt, wischt und wienert sie ihr Motorrad, bis es förmlich im Dunkeln leuchtet. Eine Tätigkeit die viel Einsatz fordert, bis endlich jede einzelne Speiche und Kühlrippe blitzt und blinkt. Die Person hat zum Putzen des Motorrades eine positive Einstellung und  empfindet dadurch bei dieser Tätigkeit Freude, ja sogar Begeisterung - also ausgesprochen positive Emotionen.

Im Prinzip handelt es sich in beiden Fällen um dieselbe Art der Tätigkeit. Lediglich die Einstellung bewirkt, welche Emotionen bei der jeweiligen Tätigkeit vom Gehirn produziert werden.

Wenn wir lernen, die notwendigen Tätigkeiten unseres Alltags achtsam durchzuführen und als informelle Achtsamkeitsübungen zu betrachten, die uns geistig und emotional stärken und weiterbringen, entwickeln wir mit der Zeit eine andere Einstellung zu diesen Dingen. Wir empfinden notwendige Tätigkeiten nicht mehr als lästige Pflichten, sondern als sinnvolle Übungen. Die positiven Emotionen kommen dann ganz von selbst.



Die gegenwärtige Realität

Selbstverständlich erfordert es Übung, auf diese Weise etwas zu tun. Ich habe bei mir persönlich festgestellt, je mehr ich mein Gehirn durch Meditation auf Konzentration und Achtsamkeit trainiere (entsprechende Hirnbereiche ausbaue), umso automatischer gelange ich in die Realität des Hier und Jetzt. Anstatt "lästige" Dinge wie das Runterbringen des Hausmülls mit Widerwillen und Frust zu erledigen, mache ich mir bewusst, dass es sich dabei um eine informelle Achtsamkeitsübung handelt, mit der ich positive Bereiche meines Gehirns trainiere. (siehe Kapitel "Gelassenheit finden")

Natürlich müssen Sie bei der informellen Achtsamkeit nicht irgendwie verklärt gucken oder eine besondere Show daraus machen. Es wächst Ihnen dabei auch kein Heiligenschein aus dem Kopf. Sie sind einfach nur achtsam und konzentriert bei der Sache. 

Keine Sorge, die Veranlagung zur Achtsamkeit steckt auch in Ihnen. Achtsamkeit ist nämlich kein neumodisches Konstrukt oder irgendein vorübergehender Trend. Schon unsere Vorfahren in der Steinzeit mussten achtsam sein, beim Beeren pflücken oder auf der Jagd. Wer nicht achtsam war, wurde gefressen. 

Lassen Sie sich nicht von den Raubtieren der Neuzeit fressen, dem Raubtier Stress, dem Raubtier Grübeln, dem Raubtier Sorgen. Seien Sie lieber einfach nur achtsam im Hier und Jetzt. Natürlich gehören Stress, Grübeln und Sorgen auch zur alltäglichen Realität und haben ihren Sinn. Aber die Dosis macht das Gift. Überlegen Sie sich genau, zu welchem Anlass Stress und Sorgen wirklich angemessen und zielführend sind. 

Es ist nicht sinnvoll, wenn Sie aufkommende Stressgefühle gewaltsam unterdrücken oder bekämpfen. Das erzeugt noch mehr Stress. Betrachten Sie das aktuelle Stressgefühl einfach achtsam, ohne es negativ oder positiv zu bewerten. Spüren Sie bewusst, was der Stress mit Ihnen macht, mit Ihren Gedanken, mit Ihrem Atem, mit Ihrem Herzschlag. Richten Sie nun Ihre Achtsamkeit wieder auf das, was Hier und Jetzt ist und was Sie aktuell tun, und akzeptieren Sie dabei den Stress als Ihren momentanen Begleiter. Diese Akzeptanz raubt dem Stress Macht und ist ein erster Schritt zur Veränderung. Akzeptieren heißt verändern

Das Gegenteil von Akzeptanz ist das Verleugnen der Realität. Wenn Sie die Realität verleugnen, können Sie nicht angemessen reagieren. Verleugnen bedeutet, beim Überqueren der Straße die Augen zu schließen, damit einem nichts passiert.


Der Sinn des Lebens

Ein Mann erwachte einmal mitten in der Nacht und hatte die plötzliche Eingebung, was der Sinn des Lebens ist. 

Da er vorhatte gleich weiter zu schlafen, befürchtete er, diese Eingebung bis zum Morgen zu vergessen. 

Also stand er auf, ging in die Küche, nahm sich ein Stück Papier und schreib seine Eingebung auf. Dann ließ er den Zettel auf dem Küchentisch liegen und ging wieder zu Bett. 

Als er am Morgen erwachte, erinnerte er sich daran, den Sinn des Lebens erkannt zu haben, wusste aber nicht mehr, worin der Sinn des Lebens denn bestanden hatte. Ihm fiel jedoch ein, dass er seine nächtliche Eingebung in der Küche auf einem Zettel vermerkt hatte. 

Also ging er in die Küche, nahm den Zettel zur Hand und las:

"Ich sitze in der Küche und schreibe." 

Urheber unbekannt


Sie brauchen den Sinn des Lebens nicht irgendwo in einer fernen Zukunft oder an irgendeinem fernen Ort zu suchen. Er ist genau hier und jetzt und begleitet Sie in allem, was Sie gerade tun. 

Viele Menschen reduzieren den Sinn ihres Lebens auf eine Sache oder einige wenige Sachen, die ihnen im Leben wichtig erscheinen. Dadurch betrügen sie sich um den größten Teil des Lebenssinns, indem sie außer Acht lassen, dass der Sinn des Lebens das Leben selbst ist und somit in der Gesamtheit dessen zu finden ist, was wir tun und erleben. 

Dieses Tun und Erleben findet immer im gegenwärtigen Moment statt! Aus diesem Grund befindet sich der Sinn des Lebens genau hier und jetzt im gegenwärtigen Moment!

Je achtsamer und bewusster Sie die kleinen Dinge in Ihrem Leben tun, umso näher sind Sie am Sinn des Lebens und umso mehr Befriedigung und Glück werden Sie in Ihrem Leben empfinden. Natürlich betrifft das auch die großen Dinge in Ihrem Leben. Aber wenn Sie genau hinschauen, stellen Sie fest, dass auch die großen Momente aus vielen kleinen Momenten zusammengesetzt sind. Erst wenn wir diese kleinen Momente bewusst erleben, erleben wir die großen Momente. 


Multitasking

Vielleicht fragen Sie sich, ob es nicht effektiver ist, mehrere Dinge parallel bzw. gleichzeitig zu erledigen, anstatt sich immer nur voll und ganz auf eine einzige Tätigkeit zu konzentrieren. 

Natürlich ist ein gewisses Maß an Multitasking möglich und manchmal auch notwendig. Jeder Mensch ist grundsätzlich bis zu einem gewissen Grad multitaskingfähig, wenn es sich dabei um einfache oder routinierte Tätigkeiten handelt.

Beispielsweise muss man zum Autofahren multitaskingfähig sein. Autofahren ist zwar im Grunde eine einzelne Tätigkeit, aber es handelt sich dabei um eine ziemlich komplexe Tätigkeit, die aus etlichen parallel verlaufenden einfachen Tätigkeiten besteht. Man muss gleichzeitig auf die Straße achten, Verkehrszeichen beachten, die Geschwindigkeit kontrollieren und auf andere Fahrzeuge reagieren. Auch das Bedienen von Schaltern, das Einhalten der Fahrspur und das Beobachten des Rückspiegels erfordern Aufmerksamkeit. Ohne die Fähigkeit zum Multitasking wäre Autofahren nicht möglich. Je mehr Routine wir im Autofahren haben, umso leichter fällt es uns, die notwendigen Handlungen parallel zueinander durchzuführen.

Wenn wir von Multitasking reden, meinen wir in der Regel die gleichzeitige Durchführung unterschiedlicher komplexer Tätigkeiten, beispielsweise gleichzeitig eine Email schreiben und ein Telefonat führen. Das ist mit entsprechender Routine bedingt möglich, jedoch ist es neurologisch betrachtet kein Multitasking im Sinne von Gleichzeitigkeit, sondern das Gehirn springt lediglich von einer Tätigkeit zur anderen und wieder zurück. Die beiden Tätigkeiten, die wir gleichzeitig durchführen möchten, werden also in einzelne Stücke zerlegt und Stück für Stück in gegenseitigem Wechsel nacheinander abgearbeitet. Durch dieses Hin- und Herspringen arbeiten wir nicht schneller und effektiver sondern fehlerhafter und bis zu 40% langsamer als wenn wir die Dinge hintereinander erledigen. 

Mittlerweile zeigt eine Vielzahl an Studien, dass der Multitasking-Trend überholt ist. Tatsächlich ist es wesentlich effektiver und zeitsparender, die Dinge hintereinander zu erledigen. Der Versuch des Multitaskings führt unterm Strich eher zu Verzettelung und Stress. Man wird dabei langsamer und ungenauer.

Interessant ist, dass laut Studienlage ausgerechnet ständige Multitasker oft besonders schlecht im Multitasking sind. Wer ständig Multitasking macht, tut das nämlich nicht, weil er besonders gut darin ist, sondern weil er sich schlecht auf eine Sache konzentrieren kann und einfach abzulenken ist. Menschen mit einer überdurchschnittlichen Veranlagung zum Multitasking tun dies am wenigsten sondern neigen eher dazu sich nur auf eine Sache zu konzentrieren, weil sie auch das am besten können. 






Bewusstes Handeln

Einst lebte in einem abgelegenen Dorf ein alter Zen-Meister namens Kaito. Er war bekannt für seine Weisheit und Gelassenheit, und viele Menschen kamen von weither, um von ihm zu lernen. Eines Tages kam ein junger Schüler namens Ryu zu ihm und bat darum, in die Geheimnisse des Zen eingeweiht zu werden.

Der Meister nahm Ryu freundlich auf und sagte: „Bevor wir über die tiefen Geheimnisse des Zen sprechen, zeige mir, wie du deine täglichen Aufgaben erledigst.“ Der Schüler war überrascht, hatte er doch erwartet, über Meditation und Erleuchtung zu sprechen, doch er gehorchte.

Zunächst führte Ryu seine Morgenroutine vor. Er wusch sich hastig, aß sein Frühstück schnell und begann seine Übungen, stets in Eile und mit den Gedanken schon bei der nächsten Aufgabe. Der Meister beobachtete ihn schweigend.

Am Abend rief Kaito den jungen Schüler zu sich und sprach: „Ryu, du möchtest die Geheimnisse des Zen lernen, aber du hast die wichtigste Lektion übersehen. Zen ist nicht in den großen Lehren oder in komplizierten Meditationen. Zen ist im Hier und Jetzt, im achtsamen Verrichten deiner täglichen Dinge.“

Ryu schaute verwirrt. „Aber Meister, wie kann das alltägliche Tun mich zur Erleuchtung führen?“

Der Meister lächelte und nahm eine Tasse Tee. Er goss langsam heißes Wasser in die Tasse, beobachtete, wie der Dampf aufstieg, und nahm einen Schluck. Dann sagte er: „Achtsamkeit bedeutet, vollständig in der gegenwärtigen Handlung aufzugehen. Wenn du Tee trinkst, dann trinke Tee. Sei dir des Duftes, des Geschmacks und der Wärme bewusst. Wenn du gehst, dann gehe. Spüre den Boden unter deinen Füßen. Wenn du arbeitest, dann arbeite mit deinem ganzen Wesen, ohne Ablenkung.“

In den folgenden Wochen übte Ryu, jede seiner Handlungen mit vollständiger Achtsamkeit auszuführen. Er wusch sich langsam und bewusst, er genoss jedes Stück seines Frühstücks, er führte seine Übungen konzentriert und ohne Hast aus. Nach und nach bemerkte er, wie sich sein Geist beruhigte und er die Schönheit und Tiefe in den einfachsten Dingen des Lebens erkannte.

Eines Tages, während er Holz hackte und Wasser trug, fühlte Ryu eine tiefe innere Ruhe und Klarheit. Er verstand nun, dass Zen nicht etwas ist, das man erreicht, sondern etwas, das man lebt. In der Achtsamkeit jeder Handlung fand er die Erleuchtung, nach der er gesucht hatte.

Er kehrte zu Meister Kaito zurück und verbeugte sich tief. „Meister, ich danke dir. Ich habe verstanden, dass das achtsame Verrichten der täglichen Dinge der Weg zum wahren Zen ist.“

Der Meister lächelte weise und sprach: „Erinnere dich immer daran, Ryu: Der Weg des Zen ist der Weg des täglichen Lebens. Sei achtsam in allem, was du tust, und du wirst den Frieden und die Weisheit des Zen in jedem Moment finden.“



Dein innerer Gartenteich


Es war einmal ein junger Zen-Schüler namens Hiroshi, der in einem kleinen Dorf am Fuße eines hohen Berges lebte. Hiroshi war bekannt für seine Weisheit und seine ruhige Natur. Eines Tages beschloss er, einen wunderschönen Teich in seinem Garten anzulegen. Der Teich sollte nicht nur ein Ort der Schönheit und Ruhe sein, sondern auch ein Symbol für sein inneres Leben.

Hiroshi begann damit, den Teich auszuheben. Er entfernte Steine und Schmutz, um Platz für klares, reines Wasser zu schaffen. Während er arbeitete, dachte er darüber nach, dass der Teich wie sein Geist war. Um inneren Frieden zu finden, musste er alle Hindernisse und Unreinheiten beseitigen.

Nachdem der Teich fertig war, pflanzte Hiroshi Seerosen und andere Wasserpflanzen, die für ihre Schönheit und ihre heilenden Eigenschaften bekannt waren. Diese Pflanzen repräsentierten die Tugenden, die Hiroshi in seinem Leben pflegen wollte: Geduld, Mitgefühl, Weisheit und Dankbarkeit. Jeden Tag pflegte er die Pflanzen, sorgte dafür, dass sie genug Licht und Wasser bekamen, und entfernte vorsichtig die Algen und Unkräuter, die das Wasser trüben könnten.

Hiroshi wusste, dass es nicht nur darum ging, schöne Pflanzen zu haben. Manchmal wuchsen auch Dornen und Unkraut in seinem Teich. Diese repräsentierten die negativen Gedanken und Gefühle, die in seinem Geist auftauchten: Zweifel, Angst, Wut und Eifersucht. Anstatt sie zu ignorieren, entfernte Hiroshi sie behutsam, um sicherzustellen, dass sie nicht die Schönheit und Klarheit seines Teiches zerstörten.

Eines Tages bemerkte Hiroshi, dass ein Teil des Teiches im Schatten lag und die Pflanzen dort nicht richtig gedeihen konnten. Er erkannte, dass auch dies ein Teil seines inneren Gartens war, der Aufmerksamkeit benötigte. Er schnitt einige Äste der umliegenden Bäume zurück, um mehr Licht auf diesen Teil des Teiches zu lassen. Dies war für ihn ein Symbol dafür, dass er manchmal alte Gewohnheiten und Denkmuster loslassen musste, um neues Wachstum zu ermöglichen.

Mit der Zeit wurde Hiroshis Teich zu einem Ort der Inspiration und des Friedens für ihn und für die Menschen im Dorf. Sie kamen, um die Schönheit des Teiches zu bewundern und von Hiroshi zu lernen, wie sie ihre eigenen inneren Gärten pflegen konnten. Hiroshi lehrte sie, dass es nicht nur darum ging, die richtigen Pflanzen zu wählen, sondern auch darum, sich um den gesamten Teich zu kümmern – das Wasser sauber zu halten, Unkraut zu entfernen, und dafür zu sorgen, dass genug Licht auf die Pflanzen fiel.

Eines Tages fragte ein junger Schüler Hiroshi: "Wie kann ich sicherstellen, dass mein innerer Garten immer blüht?"

Hiroshi lächelte und antwortete: "Denke daran, dass dein Geist wie ein Teich ist. Sei achtsam und pflege ihn täglich. Entferne das Unkraut des Zweifels und der Angst, und lasse das Licht der Weisheit und des Mitgefühls hinein. Nur dann wird dein innerer Garten in seiner vollen Pracht erblühen."

Und so lebte Hiroshi weiter, seinen Teich pflegend und die Weisheit des inneren Gartens mit der Welt teilend.

Womit verbringen Sie Ihre Zeit? Welche Einflüsse lassen Sie tagtäglich in Ihren Geist? Gibt es in Ihrem Leben Beziehungen, die Ihnen guttun? Gibt es in Ihrem Leben Beziehungen, die Ihnen schaden?


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